STARNBERGER MERKUR


 Autor: Bettina Wyklicky

 Verkaufen und aufgeben???

Als wir auf der Kanarischen Insel Lanzarote ankamen, lagen wieder viele Eindrücke, einige Erlebnisse und ein gutes Stück Weges hinter uns. Wir

  • waren an Malaga, der Stadt unter den schneebedeckten Bergen der Sierra Nevada, entlanggesegelt,
  • hatten das Tor zum Atlantik, die englische Miniaturkolonie Gibraltar, passiert und auch Marokkos Großstadtmetropole Casablanca, mit verblaßtem Humphery Bogart Charme, hinter uns gelassen.

Wind, Wetter und Wellen waren nicht stürmisch aber wechselhaft und bei der "DA’HOAM" waren wieder einige neue Ersatzteile nötig gewesen. Das einzige, so schien mir, auf das man sich mit 100%iger Sicherheit verlassen konnte, war meine permanente Übelkeit. Erst als es mir einmal bei einem Landgang plötzlich furchtbar schlecht wurde, und ich Abends in einem Restaurant drei Portionen Erdbeeren mit Sahne bestellt hatte, kam mir der Verdacht, daß meine Seekrankheit vielleicht noch mit etwas anderem zusammen hängen könnte. Udo musterte mich immer öfter mit in Falten gelegter Stirn und skeptischen Blick, wenn er eine meiner Spezialgerichte sah. "Davon würde mir allerdings auch schlecht werden" bemerkte er nachdem ich während des Lesens eines Buches eine ganze Salami verdrückt und gerade dabei war mir eine Tafel Schokolade riegelweise in den Mund zu schieben. Ich schaute kurz von meiner Lektüre auf und bemerkte erneut diesen Blick aus einer Mischung von Unverständnis und Mißbilligung. "Ich glaube der Grund, daß ich so viele Sachen durcheinander esse ist, daß ich schwanger bin, Schatz" platzte ich schließlich mit immer noch vollem Mund heraus. Udo sagte nichts. Wie Schockgefroren saß er da und starrte mich an. Dem Überraschungsmoment, folgte eine Großversammlung seiner Gedanken zum Thema Baby und man konnte deren Teilnehmer förmlich an und abreisen sehen. Schließlich muß sich dann sein großes Herz Platz verschafft haben, den seine Stimme nahm zu einem lauten und sein Mund zu einem breiten glücklichen Lachen Anlauf. Ein Arzt bestätigte in den folgenden Tagen, was bis dahin nur ein Verdacht gewesen war und lud mich ein, von nun an monatlich zur Vorsorgeuntersuchung zu kommen. Schlagartig drehte sich die Welt nur noch um eines: UNSER BABY!!! Udos Geburtstag wurde mit einer kleinen Babywillkommensparty verbunden und die meisten Sätze begannen von nun an mit "Das Baby....." oder hörten mit ".......das Baby" auf. Wir überlegten das Boot zu verkaufen und diskutierten nächtens ausführlich immer und immer wieder über das Thema "an Bord" oder "Baby" und kamen schließlich zu der Überzeugung, daß auch "Baby an Bord" möglich ist.

 Das ausgewogene, milde und immer während frühlingshafte Klima Lanzarotes erleichterten Udo und mir die Entscheidung zu einer Babypause auf dieser Insel. Lanzarote ist einzigartig. Hinter bizarren Lavalandschaften lädt die Vulkaninsel, die ihre letzte Eruption vor ca. 100 Jahren erlebte, an schwarzen Sandstränden zum Baden ein. Die bezaubernden, strahlend weiß getünchten und mit üppiger Blütenpracht umrahmten Häuser heben sich kontrastreich von der sonst so schlichten, kargen Umgebung ab. Wo man hinsieht blühen Busch- und Strauchgewächse in der herrlichsten Farbenvielfalt und so werden die Kanaren mit recht die Inseln des ewigen Frühlings genannt. Saftige Wiesen und satte grüne Laubbäume unter blau-weißen Himmel, wie im bayrischen Frühling, vermissen wir dennoch etwas. Vorerst beschäftigt Udo sich damit, hier und da noch ein wenig Platz für unseren Nachwuchs zu schaffen und ich lasse mir den immer dicker werdenden Bauch ein wenig in der Sonne bräunen und träume still und heimlich von Starnberg als Geburtsort.

Die endgültige Ankunft unseres kleinen Mitseglers ist auf Ende September, Anfang Oktober geplant und eigentlich Wünsche ich mir bis dahin nur, daß es ein kräftiger, gesunder und munterer Schrei sein wird, den man dann, wo auch immer auf dieser Welt, von unserem kleinen Bootsbaby hören wird.

  

 

STARNBERGER MERKUR


 Autor: Bettina Wyklicky

 

Über Feuerberge ins Tal der 1000 Palmen

Es herrscht reges Treiben auf der DA'HOAM. Jemand der Udo und mich in den letzten Wochen beobachtet hätte, würde unschwer sehen, das hier in kürze Nachwuchs zu erwarten ist. Während Udo mit Hilfe eines Netzes das ganze Boot in einen großen Laufstall verwandelt und ich wie hypnotisiert die neu erworbenen Erstlingssöckchen betrachte als würden sie jeden Moment zum Leben erwachen, rückt der Geburtstermin immer näher. Natürlich dreht sich im Augenblick fast alles um unser zu erwartendes Baby, das wir vorerst liebevoll Krümelchen getauft haben. Trotz meines Nesttriebes hat es Udo dennoch geschafft, mich an meinem 30´ten Geburtstag zu einem Ausflug auf einem gemieteten Trike zu überreden. Meine Bedenken im achten Schwangerschaftsmonat noch eine Spritztour auf einem motorisierten Dreirad zu unternehmen, waren nach der ersten selbstgesteuerten Runde im Jachthafen wie verflogen und so düsten wir 2 ½ bei herrlichstem Sonnenschein über die "schwarze" Lavastein-insel. Natürlich haben wir die Sehenswürdigkeiten von Lanzarote wie die Jamos del Aqua (Wasserhöhlen), den Nationalpark Timanfaja mit seinen Vulkanbergen, die wegen ihrer roten Farbe auch Feuerberge genannt werden, das Tal der tausend Palmen und vieles mehr bereits ausgiebig besucht. Lanzarote ist eine einzigartige Insel, deren unverwechselbarer Charme nicht zuletzt durch den Inselgestalter und Künstler Cesar Manrique bestimmt wird, dessen Handschrift einem in unzähligen Kunstwerken auf einem Streifzug über die Insel immer wieder begegnen. Durch unseren verlängerten Aufenthalt und steigenden Bekanntheitsgrad auf Lanzarote sind inzwischen sogar einige exotische Jobangebote an uns herangetragen worden. Zum Beispiel wurde Udo als Tauchlehrer gebeten, für ein belgisches Filmteam eine Tauchszene zu spielen und der deutsche Radiosender der Insel lud uns zu einem Interview in ihr Studio ein. Kaum sind Udo und ich dann wieder allein, heißt es vor allem wieder Krümelchen hier und Krümelchen da und ich frage mich wirklich, ob sich alle werdenden Eltern so benehmen wie wir. Voller Neugier haben wir dann auch die Klinik für die Entbindung auf Lanzarote besucht. Leider mußten wir bei unserem Besuch aber feststellen, daß Väter während der Geburt unerwünscht sind. Damit hatten wir natürlich nicht gerechnet. Enttäuscht und ratlos kehrten wir auf unser Boot zurück. Um nicht auf ärztlich Hilfe zu verzichten, stand irgendwann in dieser Nacht unser Entschluß für den Geburtsort fest: "Wenn es hier nicht geht, dann gibt es für uns doch eigentlich nur noch einen Ort der für uns in Frage kommt" sagte Udo. "STARNBERG" fragte ich ungläubig und warf mich an den Hals meines Mannes als er mich liebevoll anlächelte und nickte.

 Krümelchen ist mittlerweile ein ausgewachsener Krümel geworden der es mir nicht mehr gestattet ohne mich vorzubeugen meine Füße zu betrachten und Ende September das Licht der Welt erblicken wird. Wir freuen uns alle drei auf vier Wochen Starnberg, Zuhause und die nicht minder aufgeregten werdenden Großeltern.

Wenn alles gut geht, wird es dann Ende November heißen: "Leinen los nach Trinidad!!!"

  

 

 

Wochenende 19./20 Oktober 1996

STARNBERGER MERKUR


Mit Töchterchen Kimberly in drei Jahren um die Welt

Tina und Udo Wyklicky setzen nach der Geburt ihres ersten Kindes Segelturn fort

 Tutzing (nk) - Das Weltumsegler-Paar Tina und Udo Wyklicky hat vorübergehend wieder im Heimathafen Anker geworfen. Nicht ohne Grund: Seit zehn Tagen sind die Wyklicky's zu dritt. Töchterchen Kimberly, 4230 Gramm schwer und 56 Zentimeter groß, erblickte am 8. Oktober im Kreiskrankenhaus Starnberg das Licht der Welt. Weil im Hospital auf Lanzarote Väter bei der Geburt nicht erwünscht sind, verlegten die Weltenbummler die Ankunft ihrer Tochter nach Hause.

 Die Geduld der jungen Eltern wurde auf eine harte Probe gestellt. Volle zehn Tage ließ "Krümelchen" auf sich warten. Die Zeit bis zur Geburt hat sich Papa Udo mit dem Basteln von Spielzeug und Installation eines Tachometers am Kinderwagen vertrieben. Am 8. Oktober nach zwölf Stunden im Kreissaal, war es endlich soweit. Aus "Krümelchen" wurde Kimberly. "Ein dickes Lob an die Entbindungsstation im Starnberger Krankenhaus", sagt Mama Tina. Sie ist froh, nicht auf Lanzarote entbunden zu haben. "Eine Geburt in Starnberg ist eben doch etwas anderes." (der erste Kinderbrief?)

Im vorübergehenden Zuhause in Tutzing kümmert sich Hebamme Cornelia Schreiber um Mutter und Kind. "Die Frau ist 73 Jahre alt, hat an die 10 000 Säuglinge in sanfter Geburt auf die Welt geholt und dafür das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen", weiß sich Tina Wyklicky in sicheren Händen. Zur ersten Untersuchung des Babys kam die Hebamme auf Umwegen: Alle Türen des Hauses waren versperrt, und Cornelia Schreiber mußte über eine Mülltonne durchs Fenster einsteigen. Während Tina und Kimberly wegen der anstehenden Vorsorgeuntersuchungen noch in Deutschland bleiben, geht Vater Udo bald wieder auf Tour. Am 3. November fliegt er zurück auf die Kanaren, um von dort aus mit dem eigenen Katamaran die unterbrochene Weltumsegelung fortzusetzen. Sein nächstes Ziel ist Trinidad. "Mir ist es jetzt noch zu gefährlich, mit dem Baby über den Atlantik zu segeln", erklärt Tina, warum sie ihren Mann nicht begleitet. Aber im Dezember will sie mit der Kleinen nachkommen, damit die junge Familie zu dritt Weihnachten feiern kann.

Die weitere Reiseroute steht noch nicht genau fest. Wahrscheinlich wird die junge Familie an Kuba vorbei und durch den Panamakanal in den Pazifik segeln, um dann die Südsee anzusteuern. Nach drei Jahren auf See ist die Rückkehr nach Bayern geplant, denn "das Kind braucht feste Wurzeln".

 

 

STARNBERGER MERKUR


 Autor: Bettina Wyklicky

 

Die große Überfahrt oder auf den Spuren von Columbus

 

Nachdem man Tina Kim an die Brust gedrückt hatte waren die Damen erst mal unter sich und Udo flüchtet vor Geschrei und vollen Windeln in die Werft vom Burle (Fa.Glas) die ihn als Bootsbauer ausgebildet hatte. Hier hatte er endlich wieder einen Hafen mit Schiff(ch)en, beim Winterlager etwas zu tun und auf die Frage eines Arbeitskollegen: "host no an Platz ?" auch einen neuen Mitsegler. Geplant war, Udo bringt den Katamaran in die Karibik und Tina fliegt mit dem Baby hinterher. Zusammen hätten wir aufgeregten Eltern den Hafen von Lanzarote kaum verlassen um dann wegen 'mörderischem' Geschrei von Kim sofort umzukehren und den Kinderarzt aufzusuchen.

Als 'Tauchgepäck' wurden die vielen Ersatzteile mit Udo und Toni in München ins Flugzeug gesetzt und die beiden sollten in einer Woche das Boot Atlantik-klar machen. Taten die beiden auch: kleine Reparaturen, Unterwasserschiff streichen und für 6 Wochen verproviantieren. Aber auch Inselrundfahrt, Gleitschirmfliegen und Tauchen kamen nicht zu kurz. Am 10.11. aber war es soweit, als Probeschlag wurde nach Gran Canaria gesegelt um dort noch das Schlauchboot überholen zu lassen - und prompt wurden beide - Seekrank. Nach einer knappen Woche aber hieß es zum erstenmal "Kein Land in Sicht". 250l Frischwasser und 30l Trinkwasser, 10l Wein und 3 Paletten Bier galt es bis Trinidad einzuteilen. Bei der Routenwahl folgte man Kolumbus immer noch geltenden Rezept: Südwest bis die Butter schmilzt (20°N 30°W) und dann immer nach West. 5400 km nur Wasser (entspricht der Entfernung Oslo - Malta und zurück) mit 10 km/h und konstantem Passatwind von achtern. Bis auf ca. 40 Min steuerte der Autopilot mit Computernavigation das Boot über den ganzen Atlantik. Damit die 24 kalkulierten Tage nicht zur Monotonie wurden, dafür sorgten ein abwechslungsreicher Speiseplan, Fitnessprogramm und Spiele. sowie eine theoretische Tauchausbildung für Toni. Weit unangenehmere Unterbrechungen waren, ein Herdbrand, bei dem der 1000-Meilen-Kuchen nur mit dem Feuerlöscher abgekühlt werden konnte und 2 Tage Generalreinigung des weißen Schiffes zur Folge hatte sowie div. Kleinschäden, die aber von den beiden Bootsbauern schon während der Fahrt behoben wurden. Das schlimmste waren wohl die Nachtwachen, alle 3 Stunden wurde gewechselt und dabei nach Wetter, Segelstellung und anderen Schiffen gespäht. Das Wetter blieb den ganzen Monat stabil mit kleinen Quellwölckchen, einer Lufttemperatur um 30° und der tägliche Regenschauer wusch den Schweiß als warme Dusche von der Haut. Moderate 3-5 Windstärken aus achterlicher Richtung (von hinten) sorgten für ein ausgebaumtes Vorsegel, daß auf der ganzen Fahrt genauso wie am ersten Tag stehen blieb. Fremde Schiffe sahen wir am Horizont ganze 3 (als Deutscher Autofahrer stelle man sich daß einmal vor: ganze 3 Autos auf der Gegenspur bei 5400 km). So war ich heilfroh als ich nach der Halbzeit endlich Tinas Überraschungskasette anhören durfte - ihre Stimme, unsere Lieblingslieder und Kimberly mit Schluckauf - hoffentlich ist bald Weihnacht und wir sind wieder beieinander.

2 Stunden 10 Minuten vor der berechneten Zeit - Land. Tobago grüßte die Bayrischen Gäste. Hier im glasklaren 28° warmen Wasser wurde Tonis Tauchlehrgang in Aquariumatmosphäre beendet. Papageien keckern von den Palmen und bei einem Bier an der Strandbar umgeben von quirlige, lachende Farbigen kann man es ganz gut aushalten. Doch der große Schlag kam noch - kein gemeinsames Weihnachten. Alle Flüge in die Karibik sind hoffnungslos ausgebucht. Nach mehreren Telefonaten mit Tränen stand ich nach einer Odyssee pünktlich zum Heiligen Abend vor Tinas Haustür. Das waren glückliche, wenn auch eiskalte Feiertage aber Mitte Januar wärmen wir uns gemeinsam auf unserer DA'HOAM in der Karibik auf. Frohe Feste an alle

Eure Weltumsegler Udo + Tina + Kim "DA´HOAM"

 

 

Mittelmeer?